REDE VON KARL-HEINZ DAUTERMANN
ZUR VERNISSAGE

  • EIN-BLICK & WEIT-BLICK

    9. Mai - 30. Juni 2004,

    Mo.-Fr. 9.30 bis 18:30 Uhr,
    Samstags bis 16.00 Uhr
  • ANDREAS HEINRICH ADLER
    * geboren 1957
    Bildhauerausbildung
    seit 1983 freier Künstler

  Galerie KEIM


EIN-BLICK & WEIT-BLICK

Lust an der Oberfläche ??? Poetik des Materials ????

Was begegnet ihnen hier ?

Sie werden das eine oder andere Vertraute erkennen, etwas was sie schon mal gesehen haben, was in ihrer Erinnerung haftet, dass sich aber nicht sofort real offenlegt. Da tanzen verführerisch gleisende Lichter über den Bildgrund, da verdichten sich schwere Farbzüge und schrundige Knäuel und dann wieder, obenauf, leichte graziöse Bildzeichen.
Andreas Adler nutzt ein traditionelles Medium, das Tafelbild, für eine Malerei die so gar nichts mit einer gängigen Vorstellung von diesem Arbeiten zu tun hat. Im Mittelalter nannte man Maler "Schilderer". Ein Begriff der sich vom Trägermaterial der Malerei abgeleitet hat, einer Holztafel, einem Schild. Das der Begriff auch anderes gebraucht wird, erlaubt es nachzufragen was wird hier geschildert.
Da sind Leinwände mit dicken Schichten, die sich beim Trocknen schrundig zusammengezogen haben. Aufgerissene Oberflächen, Schnittränder, die sich aufwerfen wie Wundränder und darunterliegendes Freigeben. Unterschwellig schwärendes wird offengelegt. Da entstehen geologische Schnitte, Landschaften werden entworfen, Fossiles freigelegt. Mit einer Symbiose aus zielsicherem, von aufeinderfolgenden Impulsen geleitetem Farb- und Materialauftrag und dem manchmal brachialen Eingriff in die dicken Farbschichten erreicht Andreas Heinrich Adler die tief dringende Wirkkraft seiner Arbeiten.

Andreas Heinrich Adler, hat eine Bildhauerlehre absolviert. "Dafür hatte ich aber dann keine Geduld mehr", sagte er. Deshalb sei er zur Malerei übergelaufen. Und dennoch, das Herrausholen des Inneren, was den Bildhauer als Arbeitsprozess vorgegeben ist, hat er beibehalten. Nur das er in seiner Malerei, zunächst alles Material dafür aufschichten muss um dann die Essenz daraus zu ziehen. Und, das ist der Vorteil bei seinen Arbeiten: Das procedere bleibt als Teil des Bildes und als Wegführung fürs Auge auf dem Bild stehen.
All die Ballungen, Zusammenstöße, Überschneidungen, Korrekturen, das Vibrieren der Farbe in den Arbeiten zeigen, wieviel eigene Dynamik Verborgenes besitzt. Fragile Gleichgewichte mit brachialen Mitteln sichtbar gemacht. Da liegt die Spanne.

Eigentlich hat der 1957 geborene Waiblinger Adler zunächst mal eine Kaufmannslehre gemacht. Weil der Vater es so wollte. Die hat er auch durchgehalten. Ein Schule fürs Durchhalten, auch wenn´s unangenehm ist. Dann die Bildhauerlehre. Und dann auch die Bewerbungen an der Akademie. Da ist er abgelehnt worden. "Sie sind nicht formbar" hieß es. Und als Nachsatz: Vielleicht sind sie auch ein Spätzünder.

Aber da saß der Stachel zum Schaffen schon zu tief.Andreas Heinrich Adler hat weitergemacht. Unter der scheinbaren Oberfläche liegt mehr als man manchmal sieht, aber doch ahnt. Seine Ausstellungsvita legt Zeugnis daffür ab. "Was wäre aber, wenn die Antworten nur eine glatt lackierte Oberfläche sind, auf der wir alle beruhigt surfen, während sich darunter das Unheimliche und somit das wirklich Interessante verbirgt", sagte Christoph Schlingensief, die provokante Skandalnudel, oder enfant terrible ?, unter den Regisseuren.

Ach ja, die Oberfläche. Lust an der Oberfläche ???? Bei Adler die Lust durch die Oberfläche ins darunter, dahinter zu schauen. Denn Benutzeroberflächen, neudeutsch "Desktop" nutzt heute fast jeder. Mit Mausklick, lassen sich Türchen und Fensterchen und Verknüpfungen (neudeutsch Links) öffnen und herstellen. Die Welt als Scheibe mit Benutzerdefinition. Der Gebrauch des Computers ist schon zur Ideologie geworden. Schön - Schein - mäßig. Adler´s Oberflächen auch Schön - Schein - mäßig ???

Er benutzt ja gar keinen Computer. Er packts mit den Händen an. "Malerei ist wie das Leben", so Adler selbst und dokumentiert in den Knäueln, des Auskratzungen, den Farbzügen, den Wundrändern seiner dicken Farbschichten seinen Weg vom Wahrnehmen zum Sehen. Dabei ist die kompositorische Ordnung der Arbeiten eine Selbstveständlichkeit, aber nicht der Ursprung seines Tuns. Deshalb ist sein Werk weder inhaltlose Ornamentik noch das Ergebnis purer Berechnung.

"Die Suche nach Strukturen im Chaos, die zunehmende Sensibilität für das Individuelle, das Erkennen, nicht außerhalb der Natur, der Schöpfung, zu stehen, sondern ein Bestandteil von ihr zu sein und damit dem stetigen Veränderungsprozess anzugehören", (so Dr. Helmut Herbst)
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