• LEIDENSCHAFT UND LUST

    "Nackt: Mein Kleid ist die Haut der Ferne"

    Zu den Arbeiten von Sybille Onnen SYBILLE ONNEN

 

PRESSEMITTEILUNG

Ausstellung: 23. Nov. 2003 bis 15. Jan. 2004
Vernissage: Sonntag 23. September, 11 Uhr
Einführung: Karl-Heinz Dautermann
Öffnungszeiten
der Galerie:
Mo.-Fr. 10:30 bis 19:00 Uhr, Sa. 10:30 bis 14:00 Uhr
An den vier Adventssonntagen ist die Galerie von 13 -18 Uhr geöffnet


Auf den ersten Blick: Grober Ton mit Spuren schneller sicherer Bewegungen der Finger, die in Eile eine Figur formen. Kleine tanzende, springende, ringende, Figuren. Keine Verkleidung, keine Kostümierung bringt sie in einen Konsenz. Als gehörten sie sich selbst. "Sie nehmen den Raum in Besitz mit Bewegungen, deren Radius und Wirkung weit größer ist als die Figuren selbst", beschreibt es Uwe W. Schneede.
Aber wie denen beikommen. Eine Analyse der Formen und Figuren ? Hilft nichts. Die Kunstgeschichte zu Hilfe nehmen, - ismen suchen in dem Sinne, sie habe etwas ähnliches gemacht wie ... ? Falsch. Oder Ästhetische Spielchen mit verschiedenen Bezugnahmen ?
Daneben.
Der zweite Blick: Und dann fällt mir die Tänzerin ein, die kraftvoll zum grand jeté vom Boden aufspringt und für einen kleinen Bruchteil von Zeit im Raum weilt, entlastet vom körperlichen Handeln. Da ist dann plötzlich klar, wo Sybille Onnenīs "lustige Weiber" verweilen, die drallen Bäuche, die fülligen Schenkel, einfach im Raum mit ihrem "hier bin ich".
Und ein weiterer Blick: Das Arbeiten der Künstlerin erschließt sich. Schier unbändiger Gestaltungswille und schöpferische Lust, Offenheit und Leichtigkeit, pulsieren aus den kleinen Figürchen. Sybille Onnen hat da was von einer Artistin, der die Strukturen der Menschen und des Lebens wohl bekannt sind, und die sie mit liebevollem Humor zu nehmen und stets neu auszudrücken weiß. Da wird nichts entlarvt, demaskiert, hingestellt. Eher eine Fragepostion: So ? Oder so ? Oder doch anders ? Hinweis also, aber nicht Verbindlichkeit, denn das Bild macht sich der Betrachter letztlich selbst.
Aber jetzt doch noch ein Ausflug in die Geschichte, in die Mythologie. Der Impuls dazu kommt von den beiden goldenen Springerfigürchen. In Ovidīs Methamorphosen, im zehnten Buch, wird die Geschichte von Hippomenes und Atalante erzählt. Atalante, die böotische Königstochter, soll heiraten. Sie, die bisher frei aufgewachsen ist, sich frei in Wald und Flur bewegen durfte soll sich an einen Mann binden. Aber sie knüpft eine Bedingung daran. Sie wird nur den heiraten, der sie im Wettlauf besiegen kann. Verliert der Bewerber, muss er sterben. Atalane weiß um ihr Lauftalent und das die Bewerber keine Chance haben werden. Und dann taucht da Hippomenes auf, der sich verliebt und ist bereit den Wettstreit anzunehmen. Er liebt. Weiß aber auch das sein Lauftalent nicht ausreicht. Also braucht es Tricks. Und dazu verhilft ihm eine andere Frau, vielmehr eine Göttin: Venus. Drei goldene Äpfel gibt sie ihm, die er im Laufen fallen lässt, die Atalante verzückt aufhebt und betrachtet und damit Zeit verliert. So gewinnt Hippomenes und kann seine Liebe heiraten.
Ein mögliche Deutung: Hat Atalante das Spielchen mit den goldenen Eitelkeiten nicht durchschaut ? Sie, die sich gleichfalls verliebt hat in den Läufer, aber dem Reglement, dem sie aufgrund ihrer Stellung als Königstochter verpflichtet ist, nicht einfach absagen kann? Sie verliert das Rennen, und gewinnt so Hippomenes. Wie gesagt, den Standpunkt macht sich der Betrachter letztlich selbst.

Karl-Heinz Dautermann
Galerie KEIM - Thomas Niecke - Marktstr. 31, 70372 Stuttgart - Tel. 0711-56 84 98, FAX 0711- 5000025
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